Buchrezension: „Das Gesundheitswesen in China: Strukturen, Akteure, Praxistipps“ von Ulrike Reisach (Hrsg.)
Weitgehend unbeachtet in der internationalen Diskussion ist China mit seinen rund 1,3 Milliarden Einwohnern inzwischen ein Land geworden, das nahezu der gesamten Bevölkerung einen gewissen Basis-Krankenversicherungsschutz anbieten kann.
Der Neu-Ulmer Hochschullehrerin und Mitglied der Expertengruppe für den deutsch-chinesischen Innovationsdialog des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, Prof. Dr. Ulrike Reisach, ist es gelungen in einem sehr gut editierten Buch die Organisation des chinesischen Gesundheits- und Pflegewesens und seiner Einrichtungen, aber auch die kulturellen Aspekte und ihre Hintergründe über eine Vielzahl von kompetenten Autoren darzustellen. Ergänzt wird das Buch durch Erfahrungsberichte von deutschen und chinesischen Ärzten sowie Managern und sehr konkreten Praxistipps für Delegationsreisen inklusive Vertragsverhandlungen.
Das 2017 erschienene Buch ist trotz der rapiden Veränderungen in der chinesischen Volkswirtschaft sehr aktuell und beschreibt eindringlich die Herausforderungen, vor denen der chinesische Staat in seiner Gesundheitspolitik steht, u. a. durch die Steigerung der Lebenserwartung, die extreme demografische Entwicklung resultierend aus der Zeit der Ein-Kind-Politik, der Mangel an Fachkräften in Gesundheit und Pflege oder die problematische Fokussierung auf die Krankenhausversorgung einhergehend mit mangelnder Ausrichtung auf eine optimierte ambulante Versorgung.
Als ergänzende Lektüre bietet sich das British Medical Journal mit seiner Open-Access-Sonderausgabe „China’s health system reforms: review of 10 years of progress“ vom Juni 2019 an, das von dem China Center for Health Development Studies der Peking Universität kuratiert wurde. Dabei zeigt sich, dass China sich durchaus vor ähnlichen Herausforderungen sieht wie andere Länder: In einem Aufsatz von Xiaochen Ma und Kollegen zu den Anreizsystemen für die Primärversorgung kommen die Autoren zu folgender, nicht nur aber in besonderem Maße für China gültigen Schlussfolgerung: „Further reforms should consider connecting the performance based salary system to an evaluation system linked with quality, ensuring adequate total salaries, and providing career development opportunities for primary healthcare professionals.“ (p.11)
Die Autoren greifen damit ein Thema auf, das von der chinesischen Regierung unter dem Begriff „Healthy China Initiative 2019 – 2030“ zum Ziel der nächsten Reformpolitik gemacht worden ist. Es geht dabei um erfolgreiche Prävention und Gesundheitsförderung, ein besseres Disease Management, um eine Verbesserung des öffentlichen Gesundheitswesens sowie um eine qualitativ hochwertigere Versorgung. Insgesamt zielt die Initiative auf eine Transformation des gesamten Gesundheitswesens ab. Am 15. Juli 2019 wurde die Initiative zusammen mit einem Aktionsplan veröffentlicht, der durch ein neu etabliertes, spezielles Komitee des Staatsrates begleitet werden soll. Bereits 2018 war das Versprechen gemacht worden, bis zum Jahr 2020 jedem Einwohner des Landes die Chance auf eine Basis-Gesundheitsversicherung und die Absicherung gegenüber größeren Gesundheitsrisiken zu gewährleisten.
Ulrike Reisach (Hrsg.): Das Gesundheitswesen in China: Strukturen, Akteure, Praxistipps. Medizinisch-wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Berlin, ISBN: 978-3-95466-303-3. Weitere Infos und Probekapitel auf der Verlagsseite: www.mwv-berlin.de/produkte/!/title/das-gesundheitssystem-in-china/id/492
Weitere Links zum Thema:
https://www.bmj.com/china-health-reform
http://www.chinadaily.com.cn/a/201907/16/WS5d2d2b15a3105895c2e7da51.html