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05. August 2021

Patientenbriefe steigern die Gesundheitskompetenz: Studie empfiehlt Übernahme in die Regelversorgung

Die Gesundheitskompetenz von Patient:innen lässt sich durch automatisiert erstellte Patientenbriefe signifikant steigern. Das zeigen die Ergebnisse des Forschungsprojekts „Patientenbriefe nach stationären Aufenthalten“ der „Was hab‘ ich?“ gGmbH, zu deren Beirat OptiMedis-Vorstand Dr. h. c. Helmut Hildebrandt gehört. Das Projekt wurde durch den Innovationsfonds der Bundesregierung gefördert, am Herzzentrum Dresden Universitätsklinik durchgeführt und durch die Technische Universität Dresden evaluiert. Jetzt liegt der Evaluationsbericht vor – mit der Empfehlung, automatisiert erstellte Patientenbriefe in die Regelversorgung zu übernehmen.

Bereits seit 2017 hat das Sozialunternehmen „Was hab‘ ich?“ an dem Forschungsprojekt zur Wirkung automatisiert erstellter Entlassbriefe gearbeitet, die Patientenbrief-Software entwickelt und tausende leicht verständliche Textbausteine geschrieben. Von Juni 2019 bis Juni 2020 konnte die Software dann produktiv eingesetzt werden, Patient:innen der Herzzentrum Dresden GmbH Universitätsklinik erhielten nach ihrem Krankenhausaufenthalt laienverständliche Entlassbriefe. Das Besondere: Die Patientenbriefe wurden nicht vom medizinischen Klinik-Personal geschrieben, sondern mittels der von „Was hab‘ ich?“ entwickelten Software vollautomatisiert erstellt.

Positiver Einfluss auf die Gesundheitskompetenz

Die Wirkung der Patientenbriefe untersuchte der Bereich Allgemeinmedizin der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden in einer randomisierten kontrollierten Studie mit 738 Patient:innen. Jetzt ist die Evaluation abgeschlossen. Sie belegt, dass sich Patientenbriefe signifikant positiv auf die Gesundheitskompetenz auswirken. Die Studie zeigt außerdem, dass Patientenbriefe von den meisten Patient:innen ausführlich gelesen (93 %) sowie als verständlich (95 %), informativ (93 %) und hilfreich (93 %) bewertet werden. Die Wissenschaftler:innen der TU Dresden empfehlen daher eine Übernahme von automatisiert erstellten Patientenbriefen in die Regelversorgung.

Gleichzeitig hat das Forschungsprojekt durch den Einsatz der Patientenbriefe an der Pilotklinik den Nachweis erbracht, dass Patientenbriefe effektiv in das Entlassmanagement von Kliniken integriert werden können. Die Patientenbrief-Software setzt die Patientenbriefe individuell auf Basis der in der Klinik vorliegenden Diagnose- und Prozeduren-Codes zusammen. Dafür greift sie auf über 20.000 ärztlich erstellte, qualitätsgeprüfte Textbausteine zu. Durch die Komplett-Automatisierung konnten die verständlichen Entlassbriefe ohne zusätzlichen Zeitaufwand für das medizinische Personal erstellt werden. Damit könnten die Patientenbriefe zukünftig auch im großen Maßstab eingesetzt werden.

„Aktuelle Studien zeigen, dass große Teile der Bevölkerung erhebliche Schwierigkeiten im Umgang mit Gesundheitsinformationen haben – entsprechend groß ist der Bedarf an Maßnahmen zur Förderung der Gesundheitskompetenz. Mit dem Patientenbrief haben wir eine sehr einfache und zugleich eindrücklich wirkungsvolle Möglichkeit, die Gesundheitskompetenz zu steigern! Aus unserer Sicht würde das gesamte Gesundheitswesen nachhaltig davon profitieren, wenn es zukünftig selbstverständlich ist, dass Patient:innen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus einen individuellen, verständlichen Entlassbrief erhalten“, so Ansgar Jonietz, MPH, Mitgründer und Geschäftsführer der „Was hab‘ ich?“ gGmbH. 02. August 2021

„Leicht verständliche Entlassbriefe unterstützen unsere Patient:innen beim Übergang von der stationären in die ambulante Versorgung. Es ist eine wertschätzende Kommunikation, die auch Angehörigen hilft. Die Patientenbriefe wurden sowohl von unseren Patient:innen als auch von unserem medizinischen Personal sehr positiv bewertet, daher ist es für uns selbstverständlich, sie auch weiterhin anzubieten. Uns ist es wichtig, dass unsere Patient:innen ihre Krankheit besser verstehen. Dadurch verhalten sie sich bewusster, achten mehr auf ihre Gesundheit und passen ihren Lebensstil entsprechend an“, sagt Jörg Scharfenberg, Geschäftsführer des Herzzentrums Dresden.

Für die Integration der Patientenbriefe in das Entlassmanagement wurde das Herzzentrum Dresden 2020 mit dem zweiten Preis des Awards Patientendialog ausgezeichnet. „Was hab‘ ich?“ wurde für die Patientenbriefe 2019 mit dem Berliner Gesundheitspreis, überreicht durch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, geehrt und erhielt 2020 den ersten Preis sowie den Publikumspreis beim MSD Gesundheitspreis.

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:
  • 93 % der Patient:innen haben ihren Patientenbrief ausführlich gelesen.
  • 73 % der Patient:innen haben ihren Patientenbrief mindestens einer weiteren Person gezeigt.
  • Die Patientenbriefe wurde von jeweils über 90 % der Studienteilnehmer:innen als verständlich (95 %), informativ (93 %) und hilfreich (93 %) bewertet.
  • Bei Betrachtung der drei Gesundheitskompetenz-Level inadäquat, problematisch und ausreichend war der Anteil der Patient:innen mit ausreichender Gesundheitskompetenz in der Interventionsgruppe signifikant höher als in der Kontrollgruppe (44 % IG vs. 32 % KG, p = 0,002). Außerdem verfügten signifikant weniger Patient:innen der Interventionsgruppe über eine inadäquate Gesundheitskompetenz (20 % IG vs. 30 % KG, p = 0,002).
  • Die Chance auf ein höheres Gesundheitskompetenz-Level wurde durch Erhalt eines Patientenbriefs um 67 % erhöht (Odds Ratio IG vs. KG 1,67, p<0,001).
  • Patientenbriefe zeigen auch bei älteren und chronisch erkrankten Patient:innen eine Wirkung – bei Gruppen also, welche hinsichtlich der Gesundheitskompetenz als vulnerabel gelten (Schaeffer, Vogt, Gille, & Berens, 2018).

(Ergebnisse der randomisierten kontrollierten Studie von Juni 2019 bis Juni 2020 im Herzzentrum Dresden)

Zum vollständigen Ergebnisbericht

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