„Unser gemeinsames Ziel ist es, die Selbstfürsorge der Patienten zu verbessern und akute Verschlechterungen zu verhindern“, sagt Dr. Klaus Schild, Chefarzt der Abteilung Pneumologie am Klinikum Werra-Meißner. Das Programm ist eine niedrigschwellige Ergänzung zur Versorgung durch den Hausarzt und soll unter anderem Ambulant-sensitive Krankheitsfälle (ASK) vermeiden.
Beratung und Betreuung durch Lungenlotsen
„Die Patienten bekommen ein handliches Taschen-Spirometer, mit dem sie täglich anstatt wie
bisher quartalsweise, ihre Lungenfunktion messen können. Die Entwicklung der Lungenfunktion behalten sowohl unsere speziellen Lungenlotsen sowie die Pneumologen vom Klinikum WerraMeißner im Blick“, erklärt Fritz Arndt, Gesundheitsmanager beim Gesunden Werra-Meißner-Kreis. Einmal im Quartal können die Teilnehmer des Programms außerdem mit einem Lungenlotsen sprechen. So sollen sie ihre Gesundheitskompetenz verbessern, um künftig z. B. auch selbst ihre Kortison-Therapie anpassen zu können.
Hoffnung für die Therapie von COPD-Patienten
Aktuell gibt es 29 Teilnehmer im Werra-Meißner-Kreis. Ziel ist die Betreuung von bis zu 100 Teilnehmern durch
einen Lungenlotsen in Vollzeit. Die Technologie stammt aus Schweden und wird in vielen Gesundheitssystemen aktuell auf die Verwendbarkeit als Regelleistung geprüft, etwa in den USA und England. Eine Evaluation des Programms ist für 2022 geplant. Gesundheitsmanager Arndt: „Wir gehen davon aus, dass diese Technologie, ähnlich der mittlerweile möglichen, täglichen Blutzuckermessung für Diabetes-Patienten, die Therapie von COPD-Patienten revolutionieren wird. Schon jetzt können wir sagen, dass das Programm durch die Regelmäßigkeit der Messung die Differentialdiagnose von COPD-Asthma-Overlay sowie Herzinsuffizienz erleichtert, was weitrechende Implikationen für die hausärztliche Betreuung hat. Zusätzlich sehen wir, dass es ein Interventionsfenster von zwei bis fünf Tagen zu geben scheint, in dem die Lungenmesswerte (FEV1, FVC, PEF) sich objektiv verschlechtern, der menschliche Körper aber kompensiert, sodass der Patient nichts merkt.“ Dieses Interventionsfenster könne über die tägliche Messung auch von Patienten identifiziert werden, die dann durch ihre Schulungen in der Lage seien, selbst frühzeitig gegenzusteuern. Die Lungenfunktion mit digitalen Lösungen im Blick behalten. Grafik: Gesunder Werra-Meißner-Kreis Ebenfalls positiv: Aus dem Programm „Durchatmen, trotz COPD“ ist mittlerweile eine Selbsthilfegruppe hervorgegangen, an deren Gründung GWMK aktiv mitgewirkt hat.
Hoher Anteil COPD-Patienten in Nordhessen
In Nordhessen liegt die Zahl der Menschen mit COPD mit 5,04 %-Punkten höher als der Bundesdurchschnitt
von 4,66 %. Außerdem nehmen im Werra-Meißner-Kreis unterdurchschnittlich weniger COPD-Patienten an
einem Disease-Management-Programm teil. Fünf von sechs Betroffenen fehlt damit u. a. eine regelmäßige
jährliche Patientenschulung.