FORTA
MIT FORTA ZUR RICHTIGEN MEDIKATION
Die Arzneimitteltherapie älterer Menschen ist eine Herausforderung, erst recht, wenn Patient:innen multimorbide sind und zahlreiche Medikamente parallel einnehmen.
Risiken wie schwere Neben- oder Wechselwirkungen müssen vermieden, gleichzeitig Chancen, wie zum Beispiel die Verhinderung von Schlaganfällen, genutzt werden. Hier hilft die unter Federführung von Professor Dr. Martin Wehling entwickelte FORTA-Klassifikation (Fit fOR The Aged), bei der Wirkstoffe in Verbindung mit altersrelevanten Indikationen hierarchisch von A (positiv) bis D (negativ) eingeteilt werden (A-bsolutely, B-eneficial, C-areful, D-on‘t).
Das Grundprinzip von FORTA ist also eine diagnoseabhängige Positiv- und Negativbewertung von Arzneimitteln bzw. Substanzen, die Patienten ab 65 Jahren häufig und in der Regel länger als vier Wochen erhalten. Insgesamt werden derzeit etwa 300 Substanzen in Kombination mit etwa 30 Diagnosegruppen anhand der wissenschaftlichen Evidenz bezüglich Sicherheit, Effektivität und der allgemeinen Angemessenheit im Alter bewertet.
Auf dieser Grundlage haben wir einen Algorithmus entwickelt. Mit ihm können wir anhand verschiedener Daten Über- und Unterversorgung sowie Fehlmedikation mit Arzneimitteln identifizieren und die medikamentöse Therapie älterer Menschen optimieren.
Für jede Zielgruppe die richtige Auswertung
Die Auswertungen, die wir auf Grundlage der FORTA-Liste machen, können wir auf verschiedenen Ebenen nutzen – für ausgewählte Populationen, Krankenhäuser, einzelne Praxen und Patient:innen. Und sie können für verschiedene Zielgruppen und Bedarfe aufbereitet werden. Unser Angebot besteht daher aus mehreren Produkten:
FORTA_Epi – Auswertung größerer Datensätze, etwa von einer Versichertenpopulation
- zum Beispiel für Krankenkassen, Kassenärztliche Vereinigungen, Ärztenetze, Forschungsprojekte
MyFORTA – Auswertung von Daten auf individueller Patientenebene
- ergänzt durch zusätzliche Gesundheitsparameter wie z. B. Blutdruck
MyFORTA_Doc – für Ärzt:innen, Praxisketten & Anbieter von Plattformen
MyFORTA_Hosp – für Ärzte & Softwareanbieter für Krankenhäuser
MyFORTA_Pharm – für Apotheken & Anbieter von Plattformen
MyFORTA_Patient – für Patient:innen, Angehörige & Medien
FORTA_Epi
Auswertung großer Datenmengen auf Populationsebene
FORTA_Epi ist ein Analyseverfahren, um das Arzneimittelmanagement in größeren Populationen zu optimieren. Datengrundlage für FORTA-EPI können im Prinzip sämtliche Quellsysteme sein, die ausreichende Informationen zu Diagnostik und Medikation von Patienten enthalten:
- Abrechnungsdaten der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Routinedaten)
- ambulant-ärztliche Abrechnungsdaten aus den Praxisverwaltungssystemen oder von Kassenärztlichen Vereinigungen
- Daten aus Krankenhausinformationssystemen und Medizincontrolling, DRG-Abrechnungsdaten
Das Ergebnis der Auswertungen zeigt, welche Kombination aus Medikamenten bei welchem Patienten am besten wäre. Es geht darum nachteilige Arzneimittel zu vermeiden und geeignete oder notwendige Arzneimittel dabei nicht zu vergessen. Die Grundregel ist, dass mit A bewertete Substanzen zuerst gegeben werden sollen bzw. müssen (Pflichtmedikation), dann B-Substanzen additiv oder alternativ eingesetzt werden können, auf C-Substanzen nur zurückgegriffen werden soll, wenn alle besser bewerteten Alternativen ausgeschöpft wurden und D-Substanzen – bis auf wenige Ausnahmefälle – vermieden werden sollen. FORTA erweitert also die reinen Negativlisten, die Faktoren wie etwas das Erkrankungsspektrum des Patienten nicht einbeziehen und daher auch bislang größtenteils keine Evidenz bezüglich der Verbesserung patientenrelevanter Outcome-Parameter liefern konnten.
In einem so genannten FORTA-Score werden die Daten zusammengefasst. Ein hoher Wert zeigt ein großes Potenzial für eine mögliche Verbesserung der Arzneimitteltherapie. Ein niedriger Wert weist auf eine gute Versorgung nach den FORTA-Kriterien hin.
Die Daten im Detail
Enthält der Quelldatensatz zusätzlich Informationen zu den verordnenden Leistungserbringern, können wir die Analyse der Abweichungen zur FORTA-Empfehlung innerhalb einer Gesamtregion auch auf die dort tätigen Leistungserbringer erweitern. So können Sie sehen, in welchen Fachgruppen oder in welchen Praxen am häufigsten Abweichungen vorkommen. Dies lässt sich auch für einzelne Erkrankungen oder die Unterkategorien der Über- und Unterversorgung sowie der Fehlmedikation filtern – zum Beispiel um zu erfahren, in welchen Praxen häufig eine Pflichtmedikation für Patienten mit Diabetes mellitus Typ II fehlt.
Vorteile für Kostenträger und andere Akteure
- Kosteneffiziente Pharmakotherapie erreichen: nachteilige Arzneimittel vermeiden (Nutzenoptimierung) und günstige Arzneimittel nicht vergessen (Einsparungen generieren)
- Abrechnungsprüfung optimieren: Abweichungs-Analyse hinsichtlich der FORTA-Empfehlungen innerhalb einer Versichertenpopulation auf Leistungserbringerebene
- Arzneimitteltherapiesicherheit erhöhen: Risiken (z. B. Nebenwirkungen) minimieren, aber auch Chancen (z. B. weniger Schlaganfälle) nicht verpassen
Beispiele aus den Gesundheits-regionen
In ersten Testregionen ermittelte der Algorithmus durchschnittlich etwas mehr als vier Abweichungen von den FORTA-Empfehlungen pro Patienten ab 65 Jahre. Etwa ein Drittel der Abweichungen geht auf Überversorgung zurück, die anderen zwei Drittel auf Unterversorgung. Die häufigsten Abweichungen sind auf dem Bild weiter unten dargestellt. Zum Beispiel werden für Patienten mit Diabetes Typ 2 häufig keine DPP4-Hemmer verschrieben. Und eine der häufigsten Ursachen für eine Überversorgung ist die Verordnung von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) bei chronischen Schmerzen. Diese sollten durch ein im Alter besser verträgliches Medikament, wie z. B. Metamizol oder Paracetamol ersetzt werden.
Übersicht zu den häufigsten Abweichungen von den FORTA-Empfehlungen auf regionaler Ebene (Beispielregion). Grafik: Eigene Darstellung
MyFORTA
prüft die Medikation während des Patientengesprächs
Mit Hilfe von MyFORTA können Sie für einen bestimmten Patienten konkrete Handlungsempfehlungen erhalten. Hierfür werden neben den vorhandenen Diagnosen und Arzneimitteln weitere wichtige Parameter, wie z. B. das Schmerzempfinden, der Blutdruck oder Laborparameter in die Prüfung einbezogen. Für verschiedene Zielgruppen gibt es spezifische Anwendungsoptionen die Arzneimitteltherapie in der Versorgungssituation zu beurteilen:
MyFORTA_doc
Für den behandelnden Arzt kann dieses Instrument sehr nützlich sein, da er eine am „State of the Art“ orientierte Rückmeldung zur aktuellen Medikation seines Patienten bekommt, während dieser noch im Behandlungszimmer sitzt. Gerade bei multimorbiden Patienten mit fünf oder mehr Diagnosen, die mindestens genauso viele Medikamente einnehmen, kann der Arzt so schneller und sicherer die richtigen Medikamente verordnen und vermeidet Fehler. Softwarelieferanten für Arztpraxen erhalten durch eine Schnittstelle auf den Cloud-Server von OptiMedis eine ständig aktualisierte und gesicherte Bewertung. Diese können sie den Arztpraxen über das angebotene Programm zur Verfügung stellen.
MyFORTA_Hosp
Im stationären Bereich kann MyFORTA in das Krankenhausinformationssystem eingebunden werden. Der Krankenhausarzt kann so während jedes Behandlungsschrittes in der Klinik, die Arzneimitteltherapie in Echtzeit auswerten und optimieren. Softwareanbieter für Krankenhäuser erhalten durch eine Schnittstelle auf den Cloud-Server von OptiMedis eine ständig aktualisierte und gesicherte Bewertung. Das ist besonders interessant zur Erfüllung der Anforderungen nach dem Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG), das seit 2021 eine systemische Überprüfung der Fehlmedikation vorschreibt.
MyFORTA_Pharm
Pharmazeuten erleichtert MyFORTA die Überprüfung der Medikation des Arztes/der Ärztin und hilft dabei, den Patient:innen bzgl. seiner OTC-Begleitmedikation schneller und sicherer zu beraten. Plattformanbieter erhalten durch eine Schnittstelle auf den Cloud-Server von OptiMedis eine ständig aktualisierte und gesicherte Bewertung. Diese können Apotheker:innen über ihre bestehenden Systeme nutzen, und wissen dann sofort, ob eine Rücksprache mit dem Arzt notwendig ist.
In Zukunft soll auch die Nutzung für Patient:innen und Angehörige möglich sein.
Fallbeispiele zeigen gesundheitsökonomisches Potenzial
Die FORTA-Auswertungen auf den verschiedenen Ebenen dienen als Entscheidungsunterstützung – für Krankenkassen, Kassenärztliche Vereinigungen, Ärzt:innen und Apotheker:innen oder sie sind für Forschungsprojekte nutzbar. Das gesundheitsökonomische Potenzial ist hoch, das zeigen unsere beiden Fallbeispiele zu „Krankenhausaufenthalten aufgrund einer Schenkelhalsfraktur (z. B. ICD-Code S72.0) nach vorheriger Medikation mit Benzodiazepinen“ und zu „Krankenhausaufenthalten aufgrund akuter gastrointestinalen Blutungen nach vorheriger Medikation mit nichtsteroidalen Antirheumatika in einer Publikation in der „Welt der Krankenversicherung„.