Petition zum GVSG
Sichere Versorgung für alle:
Nicht ohne Gesundheitskioske, Gesundheitsregionen und Co.!
Die wichtigsten Elemente für eine bessere Unterstützung der medizinisch-pflegerischen Versorgung in Verbindung mit sozialen Umgebungen wurden aus dem Entwurf des Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in den Kommunen (GVSG) gestrichen. Dazu zählen die Etablierung von Gesundheitskiosken, der Aufbau von Gesundheitsregionen und die Einrichtung von Primärversorgungszentren.
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Wir haben uns in den vergangenen Monaten mit weiteren Initiator:innen zusammengeschlossen und eine Petition gestartet, um Gesundheitskioske, Gesundheitsregionen und Primärversorgungszentren wieder in den Gesetzentwurf des GVSG aufzunehmen. Unser Ziel war es, die Bedeutung dieser Einrichtungen für unser Gesundheitssystem und die Bevölkerung zu verdeutlichen.
Die Petition lief von Ende April bis Ende Juli auf der Plattform Open Petition und wurde von insgesamt 806 Menschen unterstützt. Jeder einzelne dieser Unterstützenden trug dazu bei, unserem Anliegen mehr Gewicht zu verleihen. In den 231 Kommentaren, die während der Laufzeit gesammelt wurden, äußerten die Unterzeichnenden ihre Meinungen.
Wir bedanken uns bei allen, die sich beteiligt haben. Nun liegt es in den Händen der Politik, die Entscheidungen zu treffen.
DIE INITIATOR:INNEN
Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) Bundesverband e.V.
vertreten durch Dr. Bernadette Klapper, Bundesgeschäftsführerin
Deutsche Vereinigung für Soziale Arbeit im Gesundheitswesen e.V.
vertreten durch Prof. Dr. Stephan Dettmers, 1. Vorsitzender und
Ulrike Kramer, 2. Vorsitzende
Gesundes Ostfriesland e.V.
vertreten durch den Vorsitzenden Andreas Epple, Leitender Kreisdirektor Landkreis Aurich und Projektleiter Zentralklinik der Trägergesellschaft Kliniken Aurich-Emden-Norden mbH sowie
Stellv. Vorsitzender Dr. Philipp Walther und
Stellv. Vorsitzende Kertin Snakker
Gesunder Schwalm-Eder-Kreis+ GmbH
vertreten durch Justin Rautenberg, Geschäftsführer
Gesunder Werra-Meißner-Kreis GmbH
vertreten durch Steven Renner, Geschäftsstellenleiter
Andrea Buck
Kinderkrankenschwester und Pflegewissenschaftlerin M.A.
Community Health Nurse im Kommunalen Sozialraum
Leitung iav-stelle (Fachstelle für Gesundheit – Pflege und Alter), stellvertretende Leitung Abteilung Jugend und Soziales, Stadt Herrenberg
Mitglied im Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe, Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft
Dr. Elisabeth Fix
Deutscher Caritasverband e.V.
Dr. med. Christian Flügel-Bleienheuft
Facharzt für Innere Medizin
Ehemaliger Vorstandsvorsitzender des Gesundheitsnetzes Köln-Süd e.V.
Bernd Gard
Dorfentwickler, Präventologe (Landespräventionsnetzwerk RLP)
Betreiber Gesundheitspunkt
Annette Hempen
Geschäftsführerin
MuM – Medizin und Mehr eG
Dr. h.c. Helmut Hildebrandt
Mitbegründer des Gesundheitskiosks Billstedt-Horn
Gesundheitswissenschaftler, Apotheker und Vorstand von OptiMedis
Dr. med. Ellis Huber
Vorsitzender Berufsverband der Präventologen e.V., ehem. Vorsitzender der Ärztekammer Berlin
Christopher Kaufmann
Bürgermeister Sundhausen
Geschäftsführer Gesundes Landleben
Vorsitzender Landengel e.V., Projektleiter Stiftung Landleben
Dr. Bernadette Klapper
Bundesgeschäftsführerin
Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) Bundesverband e.V.
Hans-Peter Klose
Pensionär, ehrenamtlicher 2.Vorstand im Verein „Kultur im Quartier“ (Berlin-Buch)
Ehem. tätig im Bereich Qualitätsthemen und der Medizinprodukteentwicklung / Health Care der Robert Bosch GmbH
Mark Kuypers
Geschäftsführer
solimed – Unternehmen Gesundheit
Prof. Dr. habil. Heike Köckler
Professorin für Sozialraum und Gesundheit
DoCH, Department of Community Health
Hochschule für Gesundheit, Bochum
Prof. Dr. Cornelia Mahler
Krankenschwester und Pflegewissenschaftlerin
Direktorin Abteilung Pflegewissenschaft, Universitätsklinikum Tübingen
Mitglied der Verbände: Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe, Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft, Universität Tübingen
Dr. med. Friederike Schalhorn
Fachärztin für Allgemeinmedizin
Inhaberin Hausarztpraxis Schalhorn, Standorte Birenbach und Göppingen
Dozentin des Instituts für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Universitätsklinikum Tübingen
Mitglied im Verband: Deutscher Hausärzteverband, Beisitzerin Vorstand Ärzteschaft Göppingen, Deutscher Ärztinnenbund
Prof. Dr. Andreas Schmid
Dipl.-Gesundheitsökonom
Universität Bayreuth
Dr. Joß Steinke
Leiter Jugend und Wohlfahrtspflege
DRK-Generalsekretariat
Regina Stolz
Krankenschwester und Pflegewissenschaftlerin
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Universitätsklinikum Tübingen
Mitglied im Verband: Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe, Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft, Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin
Prof. Dr. med., Dr. phil., M.Sc Alf Trojan
Medizinsoziologe
Ehem. Direkter des Instituts für Medizin-Soziologie
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Universität Hamburg
Stefanie Völler
Ergotherapeutin
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Universitätsklinikum Tübingen
Mitglied im Verband: Deutscher Verband Ergotherapie e.V., Deutsche Gesellschaft für Ergotherapie Wissenschaft und Deutsche Occupational Science
Steven Renner
Geschäftsstellenleiter Gesunder Werra-Meißner-Kreis GmbH
Kreisgruppensprecher Paritätischer WMK
Kreisvorsitzender DRK Kreisverband Witzenhausen e.V. und Vorstand Lebensqualität e.V.
Dr. Philipp Walther
Professor für Gesundheitsmanagement, Hochschulen Fresenius
HINTERGRUND
Wer hat das nicht schon erlebt? Ob in der Verwandtschaft oder bei den Nachbarn, der eine erhält keinen Termin beim Arzt, die andere bekommt nur eine unzureichende Erläuterung, bei dem Dritten müsste erst einmal die soziale Situation geklärt werden. In unserem Gesundheitssystem läuft für Patient:innen leider viel zu viel schief. Angesichts des fehlenden Nachwuchses an Fachkräften bei einer steigenden Zahl der über 65-Jährigen wird sich an dieser Schieflage auch in naher Zukunft nichts ändern – besonders nicht in den ärmeren Regionen, weder im städtischen noch im ländlichen Bereich. Wenn jetzt nichts passiert, werden sich die Ungleichheiten in der Gesellschaft eher noch verstärken. Und schon jetzt werden Menschen in ärmeren Stadtteilen und Landkreisen deutlich früher und häufiger krank.
Deshalb müssen wir schnell handeln und dafür sorgen, dass Gesundheit gefördert und Krankheiten verhindert bzw. hinausgezögert werden. Gesundheitskioske, eingebettet in besser aufeinander abgestimmte Gesundheitsregionen, setzen genau hier an. Die Menschen, ob jung oder alt, können hier in allen Fragen zur Gesundheit, Gesundheitsförderung und ihrer sozialen Situation beraten und an die passenden Stellen weitergeleitet werden. In der Folge werden Kosten für unnötige und belastende Krankenhausaufenthalte eingespart und Arztpraxen entlastet, damit sie wieder genügend Zeit für die im engeren Sinn medizinischen Fragen haben.
Diejenigen, die sich für die Änderung des Gesetzentwurfes eingesetzt haben, argumentieren u. a., die Kosten für die neuen Elemente seien zu hoch, es würden Doppelstrukturen entstehen und es fehlten die Fachkräfte. Lesen Sie weiter unten, warum diese Argumente nicht stimmen.
ARGUMENTE
1. Argument: „Die Kosten für die neuen Versorgungsstrukturen wie Gesundheitskioske sind zu hoch“
Das wirkliche Problem sind die heute entstehenden Kosten durch:
- vermeidbare Eskalation von Erkrankungen, die beispielsweise zu unnötigen Krankenhausaufenthalten führt
- vermeidbare (Doppel-)Untersuchungen und Therapien
Ursächlich hierfür sind z. B.:
- zu späte und zu kurze Behandlungstermine durch überlaufene Praxen in der Stadt und zu wenige Praxen auf dem Land
- unzureichende Unterstützung von Menschen mit chronischen und/oder mehreren Krankheiten
- fehlende Aufklärungs- und Präventionsangebote, die an die Menschen vor Ort angepasst sind, sodass Krankheiten verhindert oder zumindest hinausgezögert werden
- fehlende Koordination und Unterstützung, um sich in dem Gesundheitssystem zurechtzufinden, was insbesondere für Menschen mit Migrationsgeschichte oder solche in prekären Lebensverhältnissen wichtig wäre
Der Gesundheitskiosk koordiniert, klärt auf, bietet Prävention, berät in diversen Sprachen und entlastet Arztpraxen in den wirklich strukturschwachen Regionen. Damit hilft er nachweislich, unnötige Kosten zu sparen und das Krankenversicherungssystem finanziell stabil zu halten.
(Die Kosten für bundesweit 100 Gesundheitskioske betragen übrigens unter 0,02% der Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung.)
2. Argument: „Durch Gesundheitskioske entstehen unnötige Doppelstrukturen“
In Gesundheitskiosken wird vor allem denjenigen Menschen geholfen, die heute durch das Gesundheitssystem fallen, ob jung oder alt. Hierzu unterstützen die verschiedenen Mitarbeiter:innen in den Gesundheitskiosken (z. B. Pflegefachkräfte, Sozialarbeiter:innen) die Arbeit der bestehenden Strukturen vor Ort. Das Ziel ist es, die gesundheitlichen Probleme vor dem Hintergrund der persönlichen Gesamtsituation zu betrachten und dadurch eine bessere Qualität und Effizienz im Gesundheitssystem zu erzielen. Unter anderem werden die Menschen dabei unterstützt, das richtige soziale Angebot zu finden. Durch die Steuerung und Beratung vor und auch nach Arztbesuchen werden Arztpraxen und Kliniken entlastet.
Gesundheitskioske tragen somit essenziell dazu bei, bestehende Versorgungslücken zu decken, indem sie Beratungsangebote bündeln, am jeweiligen Ort koordinieren und in der Not ergänzen. Sie arbeiten dazu insbesondere mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst, den Pflegestützpunkten, sozialen Unterstützungsangeboten, den Pflegediensten und Ärzt:innen, den Apotheken und dem Entlassungsmanagement zusammen und sind als neutrale Partner mit allen verbunden.
Sie sind eine ergänzende Struktur dort, wo heute nichts existiert.
3. Argument: „Es fehlen die Fachkräfte“
In Gesundheitskiosken arbeiten Menschen mit unterschiedlichen beruflichen Hintergründen. Sie kommen aus der Pflege, aus nichtärztlichen Gesundheitsberufen sowie aus der Sozialpädagogik und Sozialen Arbeit. Wenn über die Jahre 100 Gesundheitskioske entstehen, dann würden diese vielleicht für 400 bis 500 Menschen neue Arbeitsplätze schaffen.
Die Erfahrung der zirka zehn bereits bestehenden Gesundheitskioske zeigt zudem, dass gerade ältere Fachkräfte die ideale Voraussetzung bieten, mit ihrer Lebenserfahrung und ihrer Fachkompetenz die Menschen im Kiosk oder auch aufsuchend in der Häuslichkeit zu unterstützen. Zum Teil konnten sogar Pflegekräfte damit wieder für den Beruf gewonnen werden, die vorher herausgegangen waren. Gesundheitskioske bieten damit neue Berufsperspektiven, wodurch die Attraktivität der gesundheitsnahen Berufe gesteigert wird.